Die NÖ Gemeindeordnung 1973 (NÖ GO 1973) bildet unter anderem die Grundlage für die Rechte und Pflichten eines Bürgermeisters in Niederösterreich.
So regelt sie zum Beispiel auch, wie mit dem Budgetvoranschlag und dem Nachtragsvoranschlag sowie dem Rechnungsabschluss zu verfahren ist, zum Beispiel wer wann und in welcher Form diese Dokumente zur Einsicht erhält.
§ 73 der NÖ Gemeindeordnung regelt den Beschluß des Voranschlages und sieht unter anderem folgendes vor:
(1) Der Bürgermeister hat jährlich spätestens sechs Wochen vor Beginn des Haushaltsjahres den Entwurf des Voranschlages einschließlich des Dienstpostenplans zu erstellen und durch zwei Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist ortsüblich kundzumachen. Innerhalb der Auflagefrist kann jedes Gemeindemitglied schriftlich Stellungnahmen beim Gemeindeamt einbringen. Spätestens bei Beginn der Auflagefrist hat der Bürgermeister jeder im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei eine Ausfertigung des Voranschlagentwurfs einschließlich des Dienstpostenplans auszufolgen. Die Ausfertigung kann auf elektronische Weise übermittelt werden. Zu diesem Zweck hat jede Wahlpartei einen Vertreter namhaft zu machen und muss dieser mit der elektronischen Übermittlung einverstanden sein.
(2) Der Entwurf des Voranschlages einschließlich des Dienstpostenplans ist sodann mindestens zwei Wochen vor Beginn des Haushaltsjahres vom Bürgermeister dem Gemeinderat vorzulegen und von diesem nach Prüfung der Stellungnahmen zu beschließen.
[…..]
(5) Der Voranschlag inklusive aller Beilagen ist zeitnah an die Beschlußfassung in einer Form im Internet zur Verfügung zu stellen, die eine weitere Verwendung ermöglicht. Zusätzlich ist eine Veröffentlichung im Internet in einem Format, das keine Veränderung der Daten ermöglicht, zulässig.
(6) Für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse (§ 44 Abs. 4) kann von der Frist zur Vorlage an den Gemeinderat abgewichen werden. Die öffentliche Einsicht in den Entwurf ist in jeder technisch möglichen Weise zu gewähren.
§ 73 der NÖ Gemeindeordnung gilt auch sinngemäß für den Nachtragsvoranschlag.
Was ist nun in Hohenau passiert?
Das Budget wurde in der letzten Gemeinderatssitzung am 10.12.2020 beschlossen.
Der Voranschlag lag vom 23. November 2020 bis 7. Dezember 2020 beim Gemeindeamt Hohenau an der March zur öffentlichen Einsichtnahme auf (für jeden Gemeindebürger).
Bis 7. Dezember 2020, 24 Uhr, hatten alle Gemeindebürger von Hohenau an der March sowie die Oppositionsparteien Zeit, ihre Stellungnahme zum Voranschlag und Nachtragsvoranschlag beim Gemeindeamt einzubringen.
§ 73 der NÖ Gemeindeordnung sieht vor, dass der Bürgermeister den im Gemeinderat vertretenen Wahlparteien, also auch den Oppositionsparteien ÖVP, FPÖ und Grüne, spätestens bei Beginn der Auflagefrist diesen Voranschlag auszufolgen hat. Gleiches gilt für den Nachtragsvoranschlag.
Da die Auflagefrist am 23.11.2020 begann, hätte der Bürgermeister spätestens am 23.11.2020 die beiden Voranschläge den drei Oppositionsparteien übergeben müssen. Tatsächlich wurden beide Voranschläge erst am 30.11.2020, also 7 Tage zu spät, teilweise auch erst nach Urgenz, in Form einer pdf-Datei elektronisch an die Oppositionsparteien übermittelt.
Ich verstehe schon, dass man den Oppositionsparteien nicht freiwillig derartiges Material überlässt, aus dem ersichtlich ist, wieviel Geld wofür verwendet werden soll. Allerdings: der Gesetzgeber sieht das vor. Und er sieht auch vor, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt zu geschehen hat, nämlich spätestens zu Beginn der Auflagefrist. Bei 241 Seiten im Voranschlag und 143 Seiten im Nachtragsvoranschlag ist es für die Opposition ohnehin schon schwierig, sich hier innerhalb der 14-tägigen Auflagefrist „einzulesen“ und dazu eine Stellungnahme abzugeben. Wenn nun die Zeit dafür vom Bürgermeister sowohl willkürlich als auch gesetzeswidrig auf 7 Tage verkürzt wird, muss man das hinterfragen.
Diese Vorgangsweise verstößt gegen geltendes Österreichisches Recht.
Aber das ist noch nicht alles. Denn in § 73, (6) wird auch darauf hingewiesen, dass bei außergewöhnlichen Verhältnissen die öffentliche Einsicht in den Entwurf in jeder technisch möglichen Weise zu gewähren ist. Das heißt, man hätte den Voranschlag und Nachtragsvoranschlag im Internet, auf der Website der Gemeinde Hohenau an der March, zur Ansicht oder zum Download zur Verfügung stellen müssen. Auch das ist nicht passiert. Und die beiden Voranschläge sind auch jetzt noch nicht auf der Seite www.hohenau.at abrufbar. Und auch die Voranschläge für die Jahre 2018 und 2019 sind nicht auf der Website der Gemeinde Hohenau an der March zu finden. Und das, obwohl es laut NÖ Gemeindeordnung, § 73, Absatz (5), verpflichtend ist.
Die Jahre 2015, 2016 und 2017 finden sich dort als txt-Dateien, mit denen man genau nichts anfangen kann. Die Gemeindeordnung sieht vor, dass das Format (der Datei) eine weitere Verwendung ermöglichen soll. Diese Vorgabe ist bei einer txt-Datei nicht erfüllt. Hier kommen Sie zur txt-Datei des Voranschlages für 2017.
Der Bürgermeister ist verpflichtet, die NÖ Gemeindeordnung zu befolgen.
Warum tut er es nicht?
Hat er etwas zu verheimlichen?
Und wenn ja, was?
Denn – irgendwie hat das System.
Das zeigt sich auch beim Rechnungsabschluß.
Dieser muss laut NÖ Gemeindeordnung § 84 Absatz (1) ebenso im Internet, auf der Seite der Gemeinde Hohenau an der March, veröffentlicht werden. Hier der entsprechende Text der Gemeindeordnung:
§ 84 Beschluß des Rechnungsabschlusses
(1) Der Gemeinderat hat den Rechnungsabschluß so zeitgerecht zu beschließen, daß dieser samt den Beilagen und den Ergebnissen der Prüfung gemäß § 68a Abs. 3 spätestens vier Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres der Aufsichtsbehörde schriftlich und in elektronischer Form zur Kenntnis gebracht werden kann. Der Rechnungsabschluß inklusive aller Beilagen ist außerdem zeitnah an die Beschlußfassung in einer Form im Internet zur Verfügung zu stellen, die eine weitere Verwendung ermöglicht. Zusätzlich ist eine Veröffentlichung im Internet in einem Format, das keine Veränderung der Daten ermöglicht, zulässig. Der Rechnungsabschluß hat auch einen Bericht über alle im Jahr neu getätigten Finanzgeschäfte gemäß §§ 69 Abs. 4 und 69a zur Finanzierung des Haushaltes und einen Bericht zum Schuldenstand zu enthalten. Im Bericht für das Jahr 2014, wenn dies aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, im Bericht für das Jahr 2015, sind die gesamten bestehenden Finanzgeschäfte anzuführen.
Aktuell sollten die Rechnungsabschlüsse bis zum Jahr 2019 auf der Website der Gemeinde Hohenau an der March veröffentlicht sein. Die Jahre 2019 und 2018 sucht man vergeblich. Für die Jahre 2014 bis 2017 findet man wiederum txt-Dateien, mit denen man wenig anfangen kann, also die nicht wirklich eine weitere Verwendung ermöglichen. Hier als Beispiel das Jahr 2017.
Nach meinem Blog bezüglich der aktuellen „Corona-Zahlen“ wurden diese dann auf der Website der Gemeinde Hohenau veröffentlicht. Und nach der Umfrage zur Amtstafel, also wo diese sich befinden soll, nämlich im Schaufenster im Erdgeschoss, wurde diese (zumindest teilweise) ins Erdgeschoss übersiedelt und ist nun wieder von dem Gehsteig aus sichtbar.
Ich hoffe, dass Bürgermeister Wolfgang Gaida nunmehr sowohl die Jahresabschlüsse 2018 und 2019 als auch die Voranschläge und Nachtragsvoranschläge für 2018, 2019, 2020 und 2021 auf der Website der Gemeinde Hohenau an der March veröffentlicht. Auch sollte er darauf achten, dass die Vertreter der Oppositionsparteien in Zukunft den Voranschlag zu jenem Zeitpunkt erhalten, wie es der Gesetzgeber vorschreibt.
Denn: die Niederösterreichische Gemeindeordnung sieht das so vor und ist zu befolgen.
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Perfekt geschrieben wie immer lg Eva